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Ossiach

Aussteiger Christian Ott

Christian Ott: Vom Aussteiger zum Aufsteiger
Ott Christin DeutschlandEx Industrielle Chrisian OttAussteiger Christian Ott - Bild3Lindenhof Ossiacher See Chrisian Ott

Beschreibung

Vom Aussteiger zum Aufsteiger – Im Gespräch mit Christian Ott: „Ich bin kein Investor der in eine Vision investiert, sondern ich bin auch mit Leib und Seele bei der Umsetzung dabei.“ Diese Aussage spiegelt sehr schön die mit viel Unternehmensgeist ausgestattete Persönlichkeit Christian Ott wieder.

Christian Ott war bis 2006 Firmenchef einer Druckerei für Möbelherstellung in Deutschland wo er namhafte Firmen wie Nolte, Rauch, Verzalid belieferte. Heute ist er gemeinsam mit seiner Frau Inhaber des Gutshofs Steindorf mit dem Landgut Lindenhof, einem biologisch landwirtschaftlichen Tourismusbetrieb am Ossiachersee.

Wer ich bin….

Ein guter Morgen beginnt für mich nicht zu spät, mit einer kalten Dusche und lauter Musik. Wenn möglich, nehme ich in Ruhe eine Tasse Kaffe, zusammen mit einer Zigarette zu mir.

Am besten entspannen kann ich mich bei handwerklichen Arbeiten in meinem Betrieb.

Das schönste an meinem Beruf ist, dass er mir Spaß macht.

Am besten erhole ich mich mit meinen Kindern und meiner Frau.

Lebensmotto: Man soll die Sachen, die man macht, richtig machen, damit man auch dahinter stehen kann.

Wie sahen Ihre beruflichen Anfänge aus?

Christian Ott: Ich bin gebürtiger Deutscher und habe in Deutschland das Gymnasium mit dem Abitur beendet. Danach hatte ich mit Entscheidungsproblemen zu kämpfen, denn ich wusste nicht so richtig, was ich machen sollte. Ein Gedanke prägte mich und zwar ja nicht das zu machen, was mein Vater tat, der Inhaber einer Druckerei für Möbelherstellung war. So begann ich eine Ausbildung zum Tischler, wobei sich für mich sehr bald herausstellte, dass das nicht das Richtige für mich war. Auch der Beruf als Garten- und Landschaftsarbeiter erfüllte mich nicht. Also entschloss ich mich BWL zu studieren. Ich hörte aber nach 1½ Semestern auf, weil mir das Studium damals blöd erschien. Dabei kam mir dann die Idee, dass die Arbeit meines Vaters, doch nicht so schlecht war. Zuerst ging ich noch für zwei Jahre nach Spanien und beendete danach das BWL-Studium in Berlin. In der Firma meines Vaters machte ich zu Beginn eher Hilfsdienste. Ich kam mir vor wie der Copy-King. Nach dem Tod meines Vaters übernahm ich die Firma gemeinsam mit meinem Bruder. Später war ich dann der alleinige Inhaber. Insgesamt arbeitete ich 27 Jahre lang in dieser Firma. Die Zeit als Firmenchef war sehr stressig und schwierig. Es gelang mir im Bereich der Expansion einige zusätzliche Standorte in Brasilien, Polen, Deutschland, Indien und Süd-Afrika zu gründen.

Wie kamen Sie vom Industriekaufmann zur Landwirtschaft und zum Tourismus?

Christian Ott: Ich wollte nicht in Deutschland bleiben, weil es mir als sehr unfreundliches Land begegnete. In der deutschen Mentalität ist es leider vielfach so, dass Geld verdienen als etwas Peinliches angesehen wird. 2006 verkaufte ich die Firma an einen Österreicher und meine Familie und ich begannen darüber nachzudenken, wo wir jetzt unsere Zelte aufschlagen werden. Wir kauften uns eine Hütte am Millstättersee und hatten somit unseren Bezug zu Kärnten. Dann begannen wir uns zu überlegen, welche Länder in Frage kämen. Nach Spanien wollten wir nicht und Amerika haben wir uns zur damaligen Zeit noch nicht zugetraut. Wir entschieden uns dafür, dass Österreich für unsere Pläne passend war. Nach Steindorf sind wir durch Zufall gekommen. Ein Leben in der Stadt kam für uns nicht in Frage. Konkret war in unserer Zukunftsplanung nur der Wunsch, am Land zu leben, mit Wald und Tieren. Die einzige berufliche Tätigkeit die all diese Faktoren vereinte, war jene im landwirtschaftlichen und touristischen Bereich. Wir hatten anfänglich keine genauen Ziele, wie wir diese Unternehmung aufbauen wollten. All das hat sich stufenweise ergeben. Wir haben eine grob bestehende Form in ein ordentliches Konzept gebracht. Jetzt führen wir einen biologisch landwirtschaftlichen Tourismusbetrieb.

Also sehen Sie Ihre Arbeit auch als Ihr Hobby?

Christian Ott: So würde ich das nicht bezeichnen. Mir macht meine Arbeit sehr viel Spaß, nur ist die Definition eines Hobbys für mich eine andere. Mit einem Hobby verbinde ich keine kommerziellen Interessen. Für meine Arbeitsleistung möchte ich aber entsprechend entlohnt werden.

Welche Unternehmensphilosophie verfolgen Sie mit der Marke „Original Kärntner Landgenuss“?

Christian Ott: In unserem Betrieb verfolgen wir das Ziel alles selbst herzustellen. Dies führt zu einer Transparenz für unsere Kunden und Gäste, denn die Leute sehen wo die Produkte herkommen, die sie konsumieren. Bei der Tierhaltung ist es uns ein Anliegen, dass die Tiere im Freien sind und sich dort auch bewegen können. Auch die Qualität der Weiden spielt dabei eine Rolle. Es geht uns bei unserer Marke aber nicht nur darum, altbewährtes zu produzieren, sondern neue Delikatessen zu entwickeln. Im Fleischbereich experimentieren wir beispielsweise mit Gewürzen. Betonen möchte ich aber in diesem Zusammenhang, dass ich nicht das Rad neu erfunden habe. Ich mache nichts mit dem Ziel besser zu sein als andere. Mir persönlich ist es wichtig, dass ich meine Arbeit gut mache. In mir steckt ein Erfinder der gerne neue Dinge ausprobiert und dabei hinterfragt, ob die Umsetzung nicht auch auf eine andere Weise möglich wäre.

Wie heben Sie sich im touristischen Bereich von Ihrer Konkurrenz ab?

Christian Ott: Begonnen habe ich mit null Ahnung. Zum Glück hatte ich eine sehr freundliche Nachbarin, die mir bei vielen Fragen helfend zur Seite stand. Wir bieten durch die Organisation unseres Betriebes den Gästen die Kombination von Landwirtschaft, Natur und Wohnen. Die Ferienidyllen sind in die Landwirtschaft eingebettet. Dabei kommt es uns vor allem darauf an, dass das Wohnen luxuriös ist, aber dennoch der Bezug zur Natur gegeben ist. Es ist uns auch ein Anliegen, dass die Gäste das familiäre Gefühl des Betriebes spüren. Mir persönlich gefällt die Tendenz zur Uniformität in den Hotels nicht. Natürlich ist das Geschmacksache, aber wir wollten mit unserer Idee bewusst anders sein als andere.

Wie wichtig ist es für Sie, eine fundierte Ausbildung genossen zu haben, um beruflich erfolgreich zu sein?

Christian Ott: Mir ist aufgefallen, dass die Einstellung der Jugend zur Ausbildung nicht so gut ist. Im Vergleich mit Deutschland kann ich zu den österreichischen Schulen qualitativ keinen Unterschied feststellen. Da ich ja lange Zeit in der Stadt gelebt habe, ist es mir doch aufgefallen, dass in Bezug auf das Thema Bildung, ein Unterschied zwischen Stadt und Land feststellbar ist. Womit ich Probleme habe, ist das was an Qualifikationen von der heutigen Generation erwartet wird. Dabei sind jene bevorzugt, deren Eltern sich das finanziell leisten können. Ich empfinde es auch als essentiell den Kindern Bodenständigkeit zu vermitteln. Das bedeutet, sie sollen nicht abheben und den Bezug zum realen Leben verlieren. Die gesunde Mischung macht es aus. Ein positives Beispiel dafür ist die Lehre mit Matura. Ein wichtiger Faktor für die Persönlichkeitsbildung ist für mich ein Auslandsaufenthalt. Dadurch lernen junge Menschen einen anderen Kulturkreis kennen und wie man sich dort zurechtfindet. Somit erweitert es ihren Horizont und macht sie dafür empfänglicher, Neues auszuprobieren.

Wie wurde das Thema Bildung in Ihrem Elternhaus gehandhabt?

Christian Ott: Mein Vater war selbstständig. Er kümmerte sich nicht wirklich um meine schulische Bildung. Wenn ich den Umgang meiner Eltern mit dem Thema Bildung mit dem heutigen Bewusstsein dafür vergleiche, so war ihr Bemühen dilettantisch. Das lag aber nicht nur an meinen Eltern, sondern vor allem auch am damaligen Zeitgeist. Man machte sich nicht so viele Sorgen über die Zukunft der Jugend. Meine Mutter war in Bezug auf meine Berufspläne neutral eingestellt. Sie verfolgte das Prinzip, mach was dir passt. Mein Vater wollte, dass ich in die Firma einsteige.

Wie ist für Sie das Arbeiten in einem Familienbetrieb?

Christian Ott: Das war und ist eine ganz neue Erfahrung für mich. Allein das Landleben beinhaltet ganz neue Qualitäten. In der Gegend in der wir jetzt wohnen, kennt jeder jeden. In der Zusammenarbeit ist es generell wichtig, sich Personen zu suchen, mit denen man zurechtkommt. Neider gibt es immer wieder. Es kommt aber auch auf einen selber an, ob die Zusammenarbeit funktioniert oder nicht. Das Arbeiten hat für mich eine besondere Qualität. Es ist schön bei der Arbeitsbesprechung gemeinsam auf der eigenen Terrasse zusammen zu sitzen. Auf der Ebene der Beziehung kommt man sich bei dieser Art der Unternehmensführung viel näher, als in einem Großkonzern. Man spricht über sein Alltagsbefinden genauso wie über die Arbeitsgestaltung. Für mich ist dieses Arbeiten viel angenehmer als im industriellen Bereich. Natürlich ist die Arbeit mit der Familie anspruchsvoll. Wenn es sowie in meinem Fall gut läuft, ist es aber wunderschön.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

Christian Ott: Ich würde mich als nicht grob bezeichnen. Jedoch kann ich auch anders. Wenn ich merke, dass meinen Anweisungen nicht oder nicht entsprechend Folge geleistet wird, kann ich sehr wohl auch meinen Ton ändern. Ich möchte mich nicht als Opfer bezeichnen, aber ich habe schon sehr viele Erfahrungen damit gemacht, dass ich ausgenutzt wurde. Generell bin ich aber ein Chef, der seinen Leuten Freiraum gibt. Ich mag keine zu langen Diskussionen und zu nichts führendes Palaver. Es ist schön für mich, wenn man das Potenzial der Leute nutzen kann. In der Erziehung meiner Kinder finde ich die Elternnummer genauso albern wie bei der Arbeit den Chef heraushängen lassen zu müssen. Ziele gemeinsam besprechen, für Änderungen bereit sein und damit auch Flexibilität beweisen, ist für meine Art der Arbeitsgestaltung, unerlässlich.

Sie sprechen auf Ihrer Homepage vom gelebten Zusammensein aus Mensch, Tier und Kultur. Worin liegt hierbei die Herausforderung?

Christian Ott: Kultur sollte für mich das Potenzial zur Weiterentwicklung beinhalten. Ich gehe nämlich davon aus, dass ich nicht etwas übernehmen kann, was ich als schlecht empfinde. Meiner Persönlichkeit widerspricht es auf dem Status Quo zu beharren und nicht weiterzudenken, welche Möglichkeiten es noch gibt. Tiere sind etwas ganz tolles. Wir haben auf unserem Anwesen Kühe, Lamas, Schafe, Hasen und zwei Pferde, die auf Weiden untergebracht sind. Bei der Diskussion um die Haltungsform ist mir aufgefallen, dass viele Landwirte zu wenig darüber nachdenken, was sinnvoll und damit auch ökonomischer wäre. Abgesehen vom wirtschaftlichen Vorteil, tun mir die Tiere im Stall leid. Natürlich bedeutet diese Form der Haltung, dass ich nicht so viele Tiere halten kann, weshalb mir auch viele meiner Kollegen davon abgeraten haben. Diese präferieren die Mastzucht, in der es darum geht, die Tiere in möglichst kurzer Zeit zu mästen. Ob es aber dauerhaft gut ist, schnell zu mästen, ist hierbei die Frage. Vor allem geht diese Form auf Kosten der Tiere.

Wie sind die Reaktionen ihres Umfelds auf Ihre Art der Gestaltung eines landwirtschaftlichen Betriebs?

Christian Ott: Viele werfen mir vor, dass ich es leicht hätte, Neues auszuprobieren, weil ich mir um das Geld keine Sorgen machen brauche. Natürlich spielt Geld eine entscheidende Rolle. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass es auf jeden Fall einen Versuch wert ist, zumindest an einer kleinen Stelle etwas Neues auszuprobieren. Zum Beispiel hat ein ordentlicher Hof nichts mit einer riesigen Investition zu tun. Ich sehe mich nicht als Missionar der andere zu etwas zwingen möchte, dass sie nicht wollen. Außerdem bin ich nicht der Einzige der innovativ denkt. Es gibt viele andere Beispiele dafür, dass man neue Konzepte erfolgreich umsetzen kann. Es genügt oft einfach Überlegungen anzustellen, denn denken setzt kein großes Kapital voraus.

Wie stehen Sie zum modernen Tourismus?

Christian Ott: Ich bin kein Mensch der anderen vorschreibt was sie tun sollen. Jeder sollte die Freiheit haben selbst darüber zu entscheiden was er braucht und ob er es sich leisten will und kann. Hotelketten bieten keine Überraschungen. Sie gewährleisten den Gästen überall auf der Welt den gleichen Service zu erhalten. Außerdem kann man als Besucher den Kontakt mit den Einheimischen vermeiden. Modern ist für mich zudem ein Wort mit dem ich gar nichts anfangen kann. Was bedeutet modern? Für mich geht es nicht darum modern zu sein, sondern zu fragen was eigentlich das wertvollste für den Gast ist. Modern impliziert für mich die Adjektive stereotyp und uniform, also nichts was ich mit unserem Unternehmen anstreben würde.

Würden Sie alles wieder so machen, wie Sie es gemacht haben?

Christian Ott: Auf jeden Fall würde ich wieder weg gehen aus Deutschland. Die Qualität an Bekanntschaften die wir hier gemacht haben ist auch eine bessere. In der Umsetzung des Unternehmens würde ich jetzt einiges gezielter machen. Außerdem wäre jetzt auch Amerika eine Option, die wir uns damals noch nicht zugetraut haben. Amerika bietet eine ähnliche Landschaftsarchitektur wie Österreich, nur ist sie noch naturbelassener. Kärnten gefällt mir gut. „Mal sehen ob du es schaffst“, ist der Gedanke den viele in meinem Umfeld getätigt haben. Schon allein deshalb fand ich die Ausgangssituation hier sehr spannend. Eine große Herausforderung war es auch in einen Ort zu investieren, der nicht touristisch überrannt wird.

Welche Leistungen stellen Sie dem Gast in ihrem Betrieb zur Verfügung?

Christian Ott: Die Qualität unseres Unternehmens wollen wir nicht an der üblichen Sternekategorisierung messen. Uns geht es vielmehr darum, dass unser Unternehmen durch seine Persönlichkeit dem Gast zusagt. Die Gäste sollen sich wohl fühlen und dementsprechend ist uns ein faires Preis-Leistungsverhältnis wichtig. Uniformität ist etwas dem ich nichts abgewinnen kann. Ich finde es besser, das Unternehmen entsprechend den Möglichkeiten, die die Umgebung bietet anzupassen und nicht umgekehrt. Die Gäste können jene Leistungen in Anspruch nehmen, die unser Hof bietet. Es gibt Pferde, also können die Gäste reiten oder Kutschen fahren, die Tiere füttern, fischen in den eigenen Teichen usw. Sie können das was da ist nutzen. Es gibt auch die Möglichkeit bei den Produktionsverfahren wie beispielsweise der Käseherstellung zuzusehen. Auch das Thema Gesundheit wie beispielsweise Ernährungsberatung gehört zu unserem Angebot. Kosmetika die wir an unserem Hof selbst produzieren, werden auch angeboten. Das Einzige was sicher nicht zur Verfügung steht, ist etwas, dass wir künstlich herholen müssten.

Welchen Beruf wollten Sie immer schon mal ausprobieren?

Christian Ott: Opernsänger wäre mein Traumberuf gewesen. Aus irgendwelchen Gründen habe ich es nie angefangen.

Wie stehen Sie zum Begriff Heimat?

Christian Ott: Dieser Begriff ist für mich negativ konnotiert, denn er wurde in der Vergangenheit oft missbräuchlich verwendet, mit Auswirkungen, unter denen die ganze Welt zu leiden hatte. Das Loblied auf die Heimat ist für mich überzeichnet, pathetisch und brutal ausgedrückt, veranlasst es dazu, das Gehirn auszuschalten. Die Vergangenheit hat bewiesen, wie gefährlich Wörter durch missbräuchliche Interpretationen werden können. Nur weil ich irgendwo geboren bin, muss das nicht meine Heimat sein.

Was würden Sie gerne noch in Ihrem Leben erreichen?

Christian Ott: Das was momentan an Umsetzung geplant ist, reicht mir völlig. Freuen würde es mich auf jeden Fall, wenn die Idee des Betriebes laufen würde. Größer plane ich auf keinen Fall, so wie es jetzt ist, ist es sehr angenehm. Ein persönliches Anliegen, wäre es, etwas ohne finanziellen Hintergrund zu machen. Zum Beispiel liegen mir Kinder sehr am Herzen. So ein Projekt, würde ich aber bevorzugt, mit anderen Interessierten in Angriff nehmen.

Geschrieben von: Christina Krug 11.3.2010
Fotografiert von: Klaus-Ingomar Kropf – Presseteam Austria

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