Im Gespräch mit Otto Retzer
Beschreibung
Ein Leberkäse und Salzgurken standen am Beginn seiner Karriere. Zwischendurch lebte er in einem unmöblierten Zimmer und ernährte sich von Pommes Frittes und Ketchup. Heute zählt er zu den meistbeschäftigten und erfolgreichsten Regisseuren im deutschsprachigen Raum: Otto Retzer.
Geboren wurde Otto Werner Retzer am 13. September 1945 in der Lölling, einem Seitental des Kärntner Görtschitztales, wo er auch aufwuchs. Seine Mutter war Postfräulein, sein Vater Landwirt. Nach einer Kellnerlehre wurde er Discjockey und Wasserskilehrer, bevor ihn 1970 der Chef der Lisa-Film, Carl Spiehs als Assistenten engagierte.
Retzer avancierte zum Regieassistenten und spielte einige kleinere Rollen. 1983 führte er erstmals selbst Regie. Insgesamt fungierte er rund 120 Mal als Produktionsleiter und etwa 90 Mal als Regisseur. Populär wurde er durch seine Rolle als „Josip“ in der TV-Serie „Ein Schloss am Wörthersee“. Sein Markenzeichen ist die Glatze. Otto Retzer ist mit Shirly verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder, Olivia und Michael. Er lebt in München und am Wörthersee.
Otto, wovon hast Du als Kind geträumt?
Wir waren arm, aber ich hatte eine wunderbare Jugend. Damals gab es noch kein Facebook und ich hatte echte Freunde. In unserer Gemeinde lebte der Herzog von Hohenberg, seine Kinder waren meine Spielkameraden. Zum 50. Geburtstag des Adeligen mussten wir Kinder und die Frauen dutzende Hendln rupfen und da hab ich beschlossen: Irgendwann möchte ich zu denen gehören, die sie essen.
Du hast dann Kellner gelernt?
Ja, im damals bekannten Tanzcafe Lerch in Klagenfurt. Dort hat man mir ordentlich Gas gegeben. Trotzdem hab ich oft freiwillig Nachtdienst gemacht, um das „Trio Rubenthaler“ zu hören. In dieser Band ist erstmals Udo Jürgens aufgetreten. Als ich ausgelernt war, habe ich beim Werzer in Pörtschach meinen ersten Job bekommen, wo ich auch Wasserskifahren gelernt habe, noch dazu mit einem Tablett voller Gläser. Dadurch habe ich eine gewisse Bekanntheit erlangt. Ich war dann auch DJ im „Drop in“ der Brüder Dumba, im Sommer in Pörtschach, im Winter in Kitzbühel.
Und dann kam der Film…
Da hatte ich unwahrscheinliches Glück. Carl Spiehs drehte am Wörthersee und logierte im Hotel Schloss Seefels, wo ich als Kellner arbeitete. Einmal in der Früh stöhnte Spiehs nach einer langen Nacht, er brauche unbedingt einen Leberkäs und Salzgurken gegen den Kater. Da es so etwas in einem Fünf-Sterne-Hotel natürlich nicht gibt, bin ich nach Klagenfurt zum Benediktinermarkt gefahren und hab es dort besorgt. Spiehs war begeistert und meinte: „Der ist in Ordnung, den nehmen wir mit!“
Deine ersten Aufgaben im Filmgeschäft?
Spiehs drehte damals im Oktober am Wörthersee „Schön ist es auf der Welt zu sein“ mit Roy Black und Uschi Glas. Es war ein Sommerfilm, doch eines Nachts hatte es überraschend geschneit und die Blätter fielen von den Bäumen. Ich musste dann den ganzen Tag mit Tixo Blätter auf einen Baum kleben, unter dem eine Szene gedreht wurde.
Wie ging es dann weiter?
Es war ein Auf und Ab. Ein Jahr später, 1971, drehte Spiehs zwei Wörthersee-Filme parallel mit allen deutschen Stars der damaligen Zeit. Da konnte ich mich als Assistent über mangelnde Arbeit nicht beklagen. Dann übersiedelte ich nach München, dort war es schwieriger. Es gab nur einen oder zwei Filme pro Jahr. Die übrige Zeit war ich arbeitslos. Ich lebte einmal ein halbes Jahr in einem Zimmer mit nur einem Bett und einer Lampe und ernährte mich von Pommes Frittes und Ketchup. Im Winter habe ich dann in Kitzbühel als eine Art Empfangschef in einem Hotel gearbeitet.
Hast Du den Weg zum Film bereut?
Es war damals keine leichte Zeit, aber ich habe es nie bereut. Und dann ist es ja aufwärts gegangen, etwa mit den Verfilmungen der Romane Jack Londons. So haben wir acht Monate den „Seewolf“ mit Raimund Harmsdorf gedreht. Carl Spiehs hat mich zu dieser Zeit auch zu den Festspielen nach Cannes mitgenommen. Das Filmgeschäft wurde immer interessanter und abwechslungsreicher.
1983 hast zu zum ersten Mal Regie geführt.
Damals hat die „Bild“ einen Riesenartikel unter dem Titel „Babystrich im Sperrbezirk“ gebracht und ich meinte zu Spiehs, dass wir daraus einen Film machen sollten. Er hat mir die Chance dazu gegeben. Ich hatte allerdings nur ein Mini-Budget, einen Kameramann und einen Tontechniker zur Verfügung, die Schauspieler waren echte Zuhälter und Prostituierte. Der Film wurde mit 1,2 Millionen Zuschauern ein Riesenerfolg.
Was bedeutet für Dich Carl Spiehs?
Alles, was ich bin und habe, verdanke ich ihm. Es gibt keinen zweiten. Wenn ich einmal den Oscar bekomme (ha ha), weiß ich, bei wem ich mich bedanken muss.
Dein wirklicher Aufstieg begann 1990?
1989 hielten wir in Velden eine Pressekonferenz ab und erklärten den Journalisten, dass wir eine Fernsehserie mit dem Titel „Ein Schloss am Wörthersee“ drehen wollten. Als wir Roy Black als den Hauptdarsteller nannten, waren alle schwer enttäuscht. Dieser war nämlich damals am Tiefpunkt seiner Karriere angelangt. Ich selbst durfte dann bei den letzten beiden der insgesamt zehn Folgen Regie führen, weil der Regisseur ein anderes Engagement bekam. Im nächsten Jahr war ich bei zehn Folgen, im Jahr darauf schließlich bei allen verantwortlicher Regisseur.
Roy Black ist 1991 gestorben.
Das war eine fürchterliche Katastrophe. Wir haben mit Helmut Fischer, Uschi Glas und Pierre Brice weitergemacht, der ganz große Erfolg ist dann aber ausgeblieben.
Aber Du bist als Schauspieler berühmt geworden?
Wir wollten ein paar kurze Gags mit zwei jugoslawischen Gastarbeitern einbauen, doch wollte, bis auf Adi Peichl, kein Darsteller vom Stadttheater Klagenfurt eine solche Rolle übernehmen. Da bin dann ich eingesprungen und der Erfolg war sensationell. Das Duo Malek und Josip wurde so bekannt, dass wir uns nicht mehr ohne Leibwächter auf das Oktoberfest in München gewagt haben. Ich glaube, dort haben mir 2.000 Menschen über die Glatze gestrichen. Wir sind dann auch vor tausenden Leuten bei Zeltfesten aufgetreten.
Einmal gab es aber einen Reinfall?
Das ist eine köstliche Geschichte! Peichl und ich wurden gebeten, auf einem Kreuzfahrtschiff die Passagiere zu unterhalten. Schon am ersten Abend hatten wir unseren Erstauftritt im großen Ballsaal und warteten vor hunderten Zuschauern mit unseren bekannten Sprüchen auf. Doch kein Mensch lachte. Wir versuchten es wieder und wieder, es herrschte Stille im Saal. Erst dann stellte sich heraus, dass auf dem Schiff nahezu alle Kroaten waren, die kein Wort Deutsch verstanden. Der Kapitän hat uns dann gesagt, wir bräuchten nicht mehr aufzutreten. Unsere Gage haben wir trotzdem bekommen.
Bist Du gerne Schauspieler?
Ich bin kein Schauspieler, das habe ich nie gelernt. Ich sehe mich eher als einen Gesichtsvermieter. Was ich spielen kann, ist schnell aufgezählt: Einen Jugo, einen Kofferträger, einen Polizisten und einen Pfarrer. Mit dem Ende des Schlosses am Wörthersee war im Prinzip auch meine Karriere als Schauspieler beendet.
Wie ist es dann weiter gegangen?
Ich habe eine Reihe von Filmen gedreht, die es im Fernsehen auf enorme Zuschauerzahlen gebracht haben, darunter „Der blaue Diamant“, „Tierärztin Christine“ und „Hochwürden erbt das Paradies“. Beim Dreh zu „Ein Richter zum Küssen“ hatte ich das Glück, mit Klausjürgen Wussow zu arbeiten. Carl Spiehs und ich hatten dann die Idee zur Serie „Klinik unter Palmen“, die voll eingeschlagen ist. Dann kam „Der Pfundskerl“ mit Ottfried Fischer, und seit 2004 läuft die TV-Serie „Das Traumhotel“. Hier hatten wir zuletzt eine Einschaltquote von 8,7 Millionen.
Wie siehst Du Deine Rolle als Regisseur?
Ich bin kein ausgesprochener Schauspielerregisseur. Wie sollte ich einem Wussow oder Kohlund auch sagen, wie er zu spielen hat?! Mir geht es darum, für die richtige Rolle den richtigen Schauspieler zu finden.
Wo siehst Du Deine Stärken?
Ich bin ein ausgesprochen optischer Mensch, ich komme von der Motivsuche nach Hause und weiß, wie der Film ausschauen wird. Man kann sagen, ich bin ein Fotograf ohne Fotoapparat. Zum Drehen brauche ich kein Drehbuch mehr mitzunehmen, es ist jede Einstellung bei mir gespeichert. In der Serie „Traumhotel“ mache ich gewöhnlich aus drei, vier Hotels das Passende. In Tobago habe ich es geschafft, ein unscheinbares Haus in eine Superklinik zu verwandeln. Dazu benötigt man einen sehr guten Blick, den ich zum Glück habe. Glück habe ich aber auch sonst: Einmal haben wir während der Regenzeit auf Tobago gedreht, aber vom ersten Tag an bis zum Schluss gab es schönstes Wetter. Erst als wir alles im Kasten hatten und darauf mit Schampus anstießen, begann es zu schütten.
Du kommst auf der ganzen Welt herum. Hast Du einen Traumberuf?
Ja, aber einen mit Knochenarbeit. Nach außen hin wirkt alles viel schöner als es tatsächlich ist. Einmal haben wir auf den Malediven gedreht und es gab auf der ganzen Insel kein Fahrzeug. Wir müssten sieben Tonnen Ausrüstung selbst schleppen. Manchmal hasst mich mein Team wegen unserer Schinderei, aber da musst du brutal sein. Hopp oder Trop heißt die Devise.
Was macht Dir Angst?
Ich bin ein glücklicher Mensch und praktizierender Katholik. Angst habe ich nur vor einer schweren Krankheit, sonst kann mir nichts mehr passieren.
Du bist seit vielen Jahren mit Deiner Frau glücklich, das ist selten in der Filmbranche.
Ich bin mit Shirly seit 34 Jahren zusammen. Sie hat viel mitgemacht, weil ich sehr oft und lange unterwegs bin. Wenn du älter wirst, versuchst du aber, dem Partner etwas zurückzugeben.
Wie schaut Deine Zukunft aus?
Ab Oktober 2010 steht mir mit 65 eine Rente zu, ich werde daher sozusagen in Halbpension sein. Arbeiten werde ich aber, bis ich irgendwann vom Regiestuhl falle und weg bin. Auch ein Buch von mir wird erscheinen. Titel: „Mein Wörthersee“. Arbeiten muss ich, weil ich nämlich ein ganz schlechter Schwammerlsucher bin.
Hast Du einen Traum?
Ich möchte einmal gemeinsam mit Adi Peichl, etwa im Stift St. Georgen am Längsee, Schauspielkurse abhalten. Heute haben nämlich viele im Fernsehen keine oder wenig Ahnung, wie sie sich bewegen und ausdrücken sollen. Geld brauche ich nicht zu verdienen, ich möchte nur ein kleines Dankeschön an das zurückgeben, was der Film mir gegeben hat.
Redaktion: Arno Wiedergut – Sommer 2010
Fotokünstler: Klaus-Ingomar Kropf
Fotograf: Walter Szalay
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